
Aktuelles aus Bundesbern
Rückblick auf die Herbstsession 2025
Ein weiteres wichtiges Geschäft dieser Session war die SSR-Volksinitiative. Beide Räte haben den Vorschlag zur Senkung der Empfangsgebühr abgelehnt und beschlossen, der Initiative keinen Gegenentwurf gegenüberzustellen. Die Vorlage kommt daher Anfang 2026 vor das Volk.
Diese Session war zugleich die letzte unter dem Vorsitz von Nationalratspräsidentin Maja Riniker und Ständeratspräsident Andrea Caroni, die ihre Ämter anlässlich der Eröffnung der Wintersession im Dezember abgeben werden.
Betreuungszulage: Annäherung an eine mehrheitsfähige Lösung
Der Ständerat hat sich in der Herbstsession erneut mit der konkreten Ausgestaltung der Betreuungszulage befasst. Im Parlament ist man sich einig, dass eine dauerhafte Lösung für die finanzielle Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung (21.403) gefunden werden muss. Uneinig sind sich die Räte aber darüber, wie viel Geld der Bund in die Hand nehmen und wofür es verwendet werden soll, sowohl betreffend den Verpflichtungskredit als auch in Bezug auf die Programmvereinbarungen. So will der Ständerat für die ersten vier Jahre nach Inkrafttreten der Zulage maximal 100 Mio. Franken ausgeben, der Nationalrat das Doppelte. Aber insgesamt kommen National- und Ständerat einer mehrheitsfähigen Lösung näher.
Wie der Nationalrat möchte nun auch die kleine Kammer nicht nur die Kantone und Gemeinden, sondern auch den Bund finanziell in die Pflicht nehmen. Dieser Entscheid fiel mit 26 zu 19 Stimmen. Auch sprach sich der Ständerat nun ebenfalls für die Programmvereinbarungen aus, um Angebotslücken zu schliessen und Betreuungsplätze für Kinder mit Behinderungen zu schaffen. Weitere Fördergebiete, wie beispielsweise Investitionen in die frühe Förderung, Massnahmen zur Verbesserung der pädagogischen und betrieblichen Qualität der Angebote sowie zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, lehnt der Ständerat dagegen ab. Schliesslich will der Ständerat die Betreuungszulage an die institutionelle Betreuung in einer Landessprache knüpfen. Eltern von Kindern, die im Ausland betreut werden, sollen hingegen nicht von der Zulage profitieren können. Der Nationalrat ist hier anderer Meinung. Das Geschäft geht mit letzten Differenzen zurück in den Nationalrat. Dieser wird sich voraussichtlich in der Wintersession erneut damit befassen. Die Frist zur Behandlung der Volksinitiative wurde um ein Jahr verlängert.
Position SGV: Der SGV nimmt erfreut zur Kenntnis, dass sich die eidgenössischen Räte einer mehrheitsfähigen Lösung annähern. Er begrüsst, dass sich auch der Ständerat für die Programmvereinbarungen ausspricht und den Bund bei der Betreuungszulage in die Pflicht nehmen möchte, wenn auch mit deutlich gekürzten Bundesmitteln von max. CHF 100 Mio. Franken. Der SGV bedauert die Ablehnung der zentralen Förderbereiche Qualität und Vereinbarkeit. Ohne eine qualitative Anpassung der Betreuungsangebote und der besseren Abstimmung auf die Bedürfnisse der Eltern und deren Erwerbstätigkeit verliert die Vorlage grundlegende Pfeiler in Bezug auf die effektive Inanspruchnahme der familienergänzenden Kinderbetreuung. In Anbetracht der fortgeschrittenen Behandlungsdauer dieses Geschäfts und weil das 2003 lancierte und mehrfach verlängerte Impulsprogramm Ende 2026 ausläuft, ersucht der SGV das Parlament, das Geschäft nun bald abzuschliessen.
Motion zur digitalen Unterschriftensammlung an den Bundesrat überwiesen
Der Ständerat hat sich in der Herbstsession mit knappem Mehr von 22 zu 18 Stimmen für eine Motion (24.3851) von Ständerat Benjamin Mühlemann ausgesprochen. Diese fordert, dass Unterschriftensammlungen künftig über digitale Kanäle stattfinden sollen. Der Bundesrat soll beauftragt werden, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen und die entsprechende Technologieplattform resp. die notwendigen digitalen Anwendungen einzuführen. Eine Minderheit war der Ansicht, dass erst Erfahrungen mit Pilotbetrieben (vgl. Geschäft 24.3905) gesammelt werden sollen.
Der Ständerat hat mit seiner Zustimmung zum Geschäft den Änderungsvorschlag des Nationalrates aus der Sommersession akzeptiert, wonach auch künftig Unterschriftensammlungen auf Papier möglich sein sollen. Das Geschäft ist damit an den Bundesrat überwiesen, womit dieser eine entsprechende Gesetzesvorlage erarbeiten muss.
Position SGV: Der SGV begrüsst den Entscheid des Ständerates inkl. der weiterhin gegebenen Möglichkeit von Unterschriftensammlungen auf dem Papier. Mittel- bis langfristig soll jedoch das E-Collecting zum Standard werden. Die Schaffung der rechtlichen Grundlagen sowie die Durchführung und Auswertung von Pilotbetrieben können parallel stattfinden. Die Pilotbetriebe werden voraussichtlich wertvolle Erkenntnisse darüber bringen, was bei der Einführung von E-Collecting in der Umsetzung zu beachten ist und wie diese mit einem möglichst vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann. E-Collecting hat grundsätzlich ein grosses Potential: Die Gemeinden werden so künftig Unterschriftenbescheinigungen einfacher abwickeln und gefälschte Unterschriften identifizieren können, während sie heute lediglich Verdachtsfälle mitteilen können.
Bedingung dafür ist, dass die E-ID-Vertrauensinfrastruktur als technische Basis dient. Das Gesetz zur E-ID tritt voraussichtlich Mitte 2026 in Kraft – vorausgesetzt, es wird diesen Sonntag an der Urne angenommen.
Post: Nationalrat will flächendeckende Hauszustellung erhalten
Der Nationalrat hat in der Herbstsession einer Motion (25.3948) der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) deutlich mit 151 zu 33 Stimmen zugestimmt. Die Motion fordert einerseits, dass die flächendeckende Hauszustellung von Postsendungen weiterhin für alle ganzjährig bewohnten Häuser in der Schweiz gewährleistet bleibt. Andererseits verlangt sie, dass die heutigen Qualitätsvorgaben für die Laufzeiten von Briefen, Paketen und abonnierten Tageszeitungen im Rahmen der postalischen Grundversorgung nicht gesenkt werden (heute 97% für Briefe, 95% für Pakete und abonnierte Tageszeitungen).
Damit will der Nationalrat entsprechenden Plänen des Bundesrats mit der laufenden Teilrevision der Postverordnung einen Riegel schieben. Der Bundesrat lehnt die Motion ab. Da sämtliche in der Vernehmlassungsvorlage zur Revision der Postverordnung vorgesehenen Erleichterungen für die Post wegfielen, sei die Finanzierung der Grundversorgung bis zum Inkrafttreten eines revidierten Postgesetzes nicht gewährleistet.
Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
Position SGV: Der SGV bedauert den Entscheid des Nationalrates, auch wenn er für die Anliegen der Motion Verständnis hat. Für den SGV ist es aber unbestritten, dass die Post die Grundversorgung auch in Zukunft eigenwirtschaftlich erbringen und für alle Regionen gewährleisten muss. Das macht eine Weiterentwicklung des Postnetzes bzw. gewisse Anpassungen des Grundversorgungsauftrages unumgänglich. Vor diesem Hintergrund lehnt der SGV die Motion ab, erwartet von der Schweizerischen Post jedoch, dass diese bei der Weiterentwicklung die für die Gemeinden wesentlichen Bedingungen einhält (vgl. Stellungnahme SGV zur Teilrevision der Postverordnung).
So ist es für den SGV unerlässlich, dass für die vom Abbau der Hauszustellung betroffenen Haushalte ausserhalb des Siedlungsgebietes eine Erschliessung mit einem Hochbreitbandanschluss gegeben sein muss. Eine solche ermöglicht es, digitale Briefe und digitale Behördendienstleistungen auch in abgelegenen Gebieten anzubieten (vgl. Stellungnahme SGV zur Gigabitstrategie). Andererseits muss der Abbau zwingend in Absprache mit den betroffenen Gemeinweisen sowie gestaffelt erfolgen. Vor diesem Hintergrund nimmt der SGV auch die vom Bundesrat geplante zehnjährige Übergangsfrist positiv zur Kenntnis.
Parlament lehnt SRG-Initiative ab
Der Ständerat hat die Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» (24.060) in der Herbstsession ohne Gegenantrag abgelehnt. Die Initiative will die Haushaltsabgabe auf CHF 200 pro Haushalt und Jahr senken und die Unternehmensabgabe gänzlich abschaffen. Der Anteil der privaten regionalen Radio- und Fernsehstationen darf dabei in absoluten Zahlen nicht sinken, womit deren prozentualer Anteil deutlich zunehmen würde. Die Erträge der Abgabe würden sich mit der Initiative ungefähr halbieren.
Der Nationalrat hatte die Initiative den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern bereits in der Sommersession nach intensiver Debatte zur Ablehnung empfohlen. Der Bundesrat lehnt die Initiative ebenfalls ab, will aber einen Gegenvorschlag auf Verordnungsstufe umsetzen: Die Haushaltsabgabe soll ab 2027 schrittweise auf 300 CHF pro Jahr sinken, und die Limite für die Entrichtung der Unternehmensabgabe soll von heute 0.5 Mio. auf 1.2 Mio. CHF steigen, womit rund 80 Prozent der mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen von der Abgabe befreit wären.
In den Schlussabstimmungen wurde das Geschäft mit 115 zu 76 Stimmen bei 9 Enthaltungen (Nationalrat) und mit 37 zu 7 bei 1 Enthaltungen Stimmen (Ständerat) angenommen. Damit kommt die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung.
Der Nationalrat hat während der Herbstsession zwei weitere Vorstösse im Medienbereich behandelt. Er hat sich für beide mit einem solidem Mehr ausgesprochen. Die parlamentarische Initiative Bauer (22.407) verlangt, dass der Anteil der Medienabgabe, welcher gemäss RTVG für regionale Radio- und Fernsehsender verwendet wird, von 4-6 Prozent auf 6-8 Prozent steigen soll. Die parlamentarische Initiative Chassot (22.417) will mit maximal einem Prozent des Ertrags der Medienabgabe verschiedene Fördermassnahmen unterstützen, insbesondere für die elektronischen Medien. Es verbleibt jeweils eine Differenz zum Ständerat, womit die Geschäfte zurück an diesen gehen. Bei der parlamentarischen Initiative Bauer betrifft dies die automatische Anpassung der Beiträge an die Inflation, gegen die sich der Nationalrat entgegen der Haltung des Ständerates ausgesprochen hat. Bei der parlamentarischen Initiative Chassot will der Nationalrat den Anteil der anrechenbaren Kosten bei den Fördermassnahmen bei 50% deckeln, während sich der Ständerat für 80% ausgesprochen hatte.
Position SGV: Der SGV begrüsst die Ablehnung der Initiative durch die Räte. Die damit einhergehende massive Reduktion der Mittel bei der SRG würde den Regionaljournalismus stark gefährden, und dies in Zeiten, in denen der mediale Service public sowieso schon stark gefährdet ist. Eine mediale Vielfalt und eine starke viersprachige SRG ist wichtig für eine lebendige Demokratie und eine qualitativ hochstehende journalistische Grundversorgung, insbesondere auch in den sprachlichen Randregionen. Der bundesrätliche Vorschlag, die Radio- und Fernsehabgabe für Haushalte bis zum Jahr 2029 schrittweise auf jährlich 300 Franken zu senken, geht bereits sehr weit, stellt für die SRG eine Herausforderung dar und gefährdet damit die erwähnte journalistische Grundversorgung. Noch weitergehende Kürzungen wären schlicht unverantwortlich.
Die Debatte folgt aufgrund der Initiative einer falschen Reihenfolge: Vor dem Finanzbedarf muss der Leistungsauftrag der SRG definiert werden, aus welchem sich dann der Finanzbedarf ergibt. Die Art und Weise der Finanzierung ist unabhängig vom Finanzbedarf und muss separat geklärt werden. Es ist klar, dass es längerfristig eine alternative Finanzierung zur heutigen Medienabgabe braucht, welche administrativ sehr aufwendig und ineffizient ist.
Der SGV begrüsst ebenfalls, dass der Nationalrat die parlamentarischen Initiativen Bauer und Chassot angenommen hat. Diese zielen darauf ab, den medialen Service public zu stärken und bilden zusammen mit der parlamentarischen Initiative Bulliard-Marbach (22.423), bei der sich die Räte in der Frühjahrsession auf einen Ausbau der indirekten Presseförderung geeinigt hatten, ein ausgewogenes Paket für die kurz- bis mittelfristige Förderung des akut gefährdeten medialen Service public.
Der schweizweit koordinierte Adressdienst erhält eine zweite Chance
Der Nationalrat hat sich in der Herbstsession mit knappem Mehr von 100 zu 94 Stimmen für das Adressdienstgesetz (23.039) ausgesprochen. Gegen die Vorlage hatten sich die FDP und die SVP ausgesprochen. Mit der Vorlage soll die Gesetzesgrundlage für einen nationalen Adressdienst (NAD) geschaffen werden. Mit diesem sollen die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sowie Dritte mit gesetzlichem Auftrag schweizweit die gemeldeten Wohnadressen natürlicher Personen abfragen können. Zugriffsberechtigt werden demnach diejenigen Behörden und Organisationen, die auch die AHV-Nummer systematisch verwenden dürfen. Private sind von der Nutzung ausgeschlossen. Der NAD ist dabei kein Register, sondern ein Dienst, der die Daten der Einwohnerdienste unverändert wiedergibt. Datenhoheit, Datenbearbeitungen und Datenkorrekturen verbleiben wie bisher bei den Einwohnerdiensten der Gemeinden und Kantone.
Mit zwei Differenzen geht das Geschäft zurück in den Ständerat.
Position SGV: Der SGV begrüsst den Entscheid des Nationalrates. Es ist wichtig, beim Aufbau eines nationalen Adressdienstes vorwärtszumachen. Das Vorhaben ist ein wichtiger Schritt hin zur digitalen Verwaltung. Ein nationaler Adressdienst befördert die Digitalisierung und die Effizienz in der Verwaltung und würde den Aufwand für die Adress- und Wohnsitzrecherche deutlich reduzieren, was letztlich auch der Bevölkerung zugutekommt. Gleichzeitig verbliebe die Datenhoheit wie bisher bei den Einwohnerdiensten der Gemeinden und Kantone.
Heute sind die in den verschiedenen Registern geführten Adressen nicht einheitlich. Gemäss dem Prinzip «Once only» wird ermöglicht, dass eine Adresse nur einmal erfasst wird und alle Verwaltungsstellen, die gemäss der gesetzlichen Grundlage die Berechtigung dazu haben, dann auf diese Adressdaten zugreifen können. Das stärkt die Qualität der vorhandenen Datensätze bzw. Adressdaten. Der Aufwand für die Adress- und Wohnsitzrecherche könnte deutlich reduziert, der schweizweite Abgleich von Adressdaten vereinfacht und die Geschäftsprozesse der öffentlichen Hand effizienter wahrgenommen werden - dies auch im Sinne einer Dienstleistung zuhanden der Bevölkerung.
Der geschätzte volkswirtschaftliche Gesamtnutzen beläuft sich auf beachtliche 7 Mio. CHF pro Jahr. Allein die Kosteneinsparungen durch Anfragen der Krankenkassen als einer der Haupt-Datenbezüger werden auf mehrere Millionen Franken schweizweit geschätzt (vgl. Flyer nationaler Adressdienst). Die Gemeinden und ihre Einwohnerdienste sind in erster Linie Datenproduzenten. Der SGV unterstützt daher die Position, dass die für die Führung der Einwohnerregister zuständigen Gemeinden oder kantonale Stellen (in Vertretung der Gemeinden) von der Gebührenpflicht befreit werden sollen.
Der Nationalrat spricht sich klar für einen schweizweiten elektronischen Betreibungsregisterauszug aus
Der Nationalrat hat die ursprüngliche Vorlage des Bundesrates für eine Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) (24.065) auf Vorschlag der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) stark verändert, und dies fast einstimmig. Der Bundesrat wollte ursprünglich nur, dass bei Betreibungsauskünften in Zukunft eine Wohnsitzüberprüfung stattfinden und die Auskunft aus dem Betreibungsregister die Angabe beinhalten soll, ob die genannte Person im Einwohnerregister des Betreibungskreises erfasst ist oder nicht. Der Nationalrat geht mit dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf deutlich weiter und will eine Rechtsgrundlage für einen schweizweiten elektronischen Betreibungsregisterauszug schaffen. Die Vorlage sieht die Schaffung einer zentralen Datenbank für die gesamte Schweiz vor, wobei die Beitreibungsämter die notwendigen Daten an diese Datenbank senden. Die Identifikation würde über die AHV-Nummer bzw. die Unternehmens-Identifikationsnummer (UID) erfolgen.
Die Vorlage geht nun in den Ständerat.
Position SGV: Der SGV begrüsst den Entscheid des Nationalrates ausdrücklich (vgl. auch die Stellungnahme im Rahmen der Konsultation der RK-N). Betreibungsregisterauskünfte sind heute auf den Betreibungskreis desjenigen Amtes beschränkt, bei dem das Gesuch eingereicht wird. Dies hat für die Einwohnerinnen und Einwohner gewichtige Nachteile: Bewerben sie sich für eine Mietwohnung – hierfür werden rund 80 Prozent aller Betreibungsregisterauszüge benötigt – so müssen sie in der Regel für jeden Wohnort der letzten fünf Jahre einen separaten Betreibungsregisterauszug vorlegen. Auch für die zuständigen Ämter – in manchen Kantonen ist dies Aufgabe der Gemeinden – bedeutet das Fehlen einer gesamtschweizerischen Datenbank für Betreibungsregisterauskünfte einen substanziellen Mehraufwand. Das heutige System ist ineffizient und schöpft die technischen Möglichkeiten bei Weitem nicht aus. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich.
Der SGV setzt sich seit Langem dafür ein, die Digitalisierung in der Verwaltung zu befördern. Die vom SGV als Partner mitgetragene Organisation Digitale Verwaltung Schweiz (DVS) hat bereits im Juni 2024 das Projekt BRA CH initialisiert, welches den Aufbau einer zentralen Datenbank für Betreibungsregisterauskünfte bezweckt. Sämtliche Betreibungsämter sollen hierzu unter Verwendung der AHV-Nummer bzw. der UID ihre Betreibungsdaten liefern. Damit wird die Effizienz von Verwaltungsprozessen dank Automatisierung erhöht und der Service Public verbessert. Auch die Aussagekraft des Auszugs wird neu eine sehr hohe Qualität haben. Aufgrund des Mengengerüsts dürfte die neue schweizweite Betreibungsregisterauskunft zum wichtigsten Treiber für die Verbreitung der E-ID in der Bevölkerung werden – wenn auch nicht eine der ersten. Es ist daher zentral, dass die Einwohnerinnen und Einwohner zukünftig mittels der E-ID rasch und unkompliziert online eine Selbstauskunft – bei Bedarf über mehrere Betreibungsämter – beziehen können.
Nationalrat lehnt Mitte-Initiative ab
Der Nationalrat lehnt die Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare — Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» (25.018) der Mitte-Partei ab, wenn auch nur knapp mit 99 zu 92 Stimmen. Die Initiative bildet das konzeptuelle Gegenstück zur Individualbesteuerung. Sie will in der Bundesverfassung verankern, dass das Einkommen eines Ehepaars zusammengerechnet wird. Für den Steuerbetrag soll dabei neben der gemeinsamen Besteuerung eine alternative Steuerberechnung anhand des Tarifs und der Abzüge für unverheiratete Personen gemäss der Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer erfolgen und dann der jeweils tiefere Betrag in Rechnung gestellt werden.
Der Bundesrat lehnt die Initiative mit Hinweis auf den Widerspruch zur Individualbesteuerung und die verminderten Erwerbsanreize ab. Als nächstes wird sich nun der Ständerat mit der Vorlage beschäftigen. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse dürfte der Entscheid auch da sehr knapp ausfallen. Falls ein Referendum zustande kommt, wird die Volksabstimmung zur Vorlage zur Individualbesteuerung voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 stattfinden.
Position SGV: Der SGV begrüsst die Ablehnung der Initiative durch den Nationalrat. Mit dieser würde die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren nicht aus der Welt geschafft, sondern verschärft. Ehepaare wären gegenüber unverheirateten Paaren im schlechtesten Fall gleichgestellt, und in allen anderen Fällen bessergestellt. Dies würde dem verfassungsmässigen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in fundamentaler Weise widersprechen. Nur die in der Sommersession von den Räten knapp verabschiedete Individualbesteuerung (24.026) stellt die Gleichbehandlung sicher. Da die Individualbesteuerung und die Initiative der Mitte-Partei sich gegenseitig ausschliessen, soll das Parlament die Beratungen zur Mitte-Initiative bis auf Weiteres sistieren. Wird gegen die Individualbesteuerung kein Referendum ergriffen oder wird diese in der Volksabstimmung angenommen, so wäre es demokratiepolitische nicht angebracht, die Initiative weiter zu verfolgen.
Ausserdem würde die Initiative gemäss Botschaft des Bundesrates bei der direkten Bundessteuer zu Mindereinnahmen von 700 Mio. bis 1.4 Mrd. Franken führen. Neuere Berechnungen der ESTV mit verschiedensten Abzugskombinationen und Splittingvarianten ergeben teilweise – je nach Variante – noch deutlich höhere Mindereinnahmen. Dies ist nicht vertretbar.
Einigung im letzten Moment: Die Änderung des Energiegesetzes kommt doch noch zustande
Die Änderung des Energiegesetzes (23.051) kommt nach über zwei Jahren Beratung doch noch zustande. Mit dem sogenannten Beschleunigungserlass sollen grosse Solarkraftwerke, Windparks und Wasserkraftwerke schneller geplant und bewilligt werden können. Das ist das Ziel der beschlossenen Änderungen im Energiegesetz. Nach hartem Ringen konnten sich die beiden Kammern in Bezug auf das Verbandsbeschwerderecht für Umweltorganisationen einigen. Auf die Forderung des Nationalrats, dass Beschwerden bei den 16 Grossprojekten im Bereich der Wasserkraft zulässig seien, sofern sie von drei berechtigten Organisationen gemeinsam geführt werden, stieg der Ständerat zwar nicht ein. Im Gegenzug befürwortete er aber einen kurzfristig, nicht in der Kommission vorbesprochenen Antrag der Ständeräte Stefan Engler (Mitte/GR) und Thierry Burkart (FDP/AG).
Dieser sieht vor, das Verbandsbeschwerderecht zwar beizubehalten, jedoch nur auf kantonaler Ebene, also ohne die Möglichkeit des Weiterzugs an das Bundesgericht. Diese ständerätliche Minimalvariante fand in der Einigungskonferenz am 23. und 24. September eine Mehrheit. Auch wenn im Nationalrat das Vorgehen des Ständerats (Einzelanträge ohne vorherige Diskussion in den Kommissionen) kritisiert wurde, sprach er sich schlussendlich mit 130 zu 1 Stimmen bei 61 Enthaltungen von links-grüner Seite für den Kompromiss aus.
In den Schlussabstimmungen wurde das Geschäft mit 185 zu 2 Stimmen bei 9 Enthaltungen (Nationalrat) und mit 44 zu 0 Stimmen, Einstimmigkeit (Ständerat) angenommen.
Position SGV: Für die Gemeinden wie auch für die Kantone ist es von zentraler Bedeutung, dass ein Kompromiss zwischen dem National- und Ständerat gefunden und damit die Vorlage zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Der Beschleunigungserlass ist ein wichtiger Pfeiler für den Ausbau der inländischen Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit unseres Landes. Es ist daher von grosser Bedeutung, dass die Verfahren für Produktionsanlagen von nationalem Interesse nun gestrafft und eine echte Beteiligung der betroffenen Gemeinden an den Entscheidprozessen gewährleistet wird (vgl. Art. 14a 1 und 2).
PFAS: Für das Parlament ist ein vorbeugender Schutz der Gewässer nicht prioritär
Die Motion «PFAS-Grenzwerte unter Berücksichtigung der Auswirkungen, insbesondere für die Landwirtschaft oder die Wasserversorger, sachgerecht festlegen und Massnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft einleiten» wurde vom Ständerat in der Sommersession 2025 angenommen. Der Nationalrat ist dem Erstrat gefolgt und hat die Motion am 9. September mit 129 zu 61 Stimmen bei 4 Enthaltungen ebenfalls angenommen. Zukünftig sollen bei der Festlegung von Grenzwerten für PFAS neben Gesundheits- und Umweltrisiken auch die Vollzugstauglichkeit und die wirtschaftlichen Folgen berücksichtigt werden.
Position SGV: Der SGV hat sich in einer Anhörung vor der zuständigen Kommission gegen die Motion 25.3421 ausgesprochen und bedauert, dass dem präventiven Schutz der Gewässer keine Priorität eingeräumt wird. Je höher die Konzentration von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) insbesondere im Trinkwasser ist, desto grösser werden die Investitionen in die Infrastruktur zur Behandlung dieser Mikroverunreinigungen ausfallen. Der präventive Schutz der Gewässer muss daher oberste Priorität haben.
In diesem Zusammenhang fordert der SGV die Schaffung eines auf dem Verursacherprinzip basierenden Finanzierungsinstruments für die Behandlung von Abwasser, analog zum bestehenden VASA-Fonds im Bereich Boden.