Ein Projekt des Schweizerischen Gemeindeverbands.
Un projet de l’Association des Communes Suisses.
Un progetto dell’Associazione dei Comuni Svizzeri.

Partizipation – das machen wir! Warum eigentlich und wie überhaupt? - Erfolgsfaktoren von partizipativen Planungsprozessen in der Innenentwicklung

25.10.2017

Gastbeitrag von Andrea Meier, Projektleiterin in der Stadt- und Regionalplanung bei EBP Schweiz

Innenentwicklung finden alle gut, aber am besten bei den anderen. Spätestens seit dem neuen Raumplanungsgesetz (RPG) im Jahr 2014 ist das Zeitalter der Innenentwicklung jedoch definitiv angebrochen. Im Zentrum steht nicht mehr die Frage «ob», sondern nur noch «wo» und vor allem «wie» verdichtet wird. Genau darüber gehen die Meinungen aber auseinander. Darum sind angemessene Formen für die Beteiligung der Öffentlichkeit tatsächlich viel wichtiger geworden. Schliesslich geht es doch um die Gestaltung des eigenen Lebensraums – und da wollen und sollen alle mitreden! Es muss nicht immer mit der grossen «Kelle» angerührt werden, Beteiligung ist auch im kleinen Rahmen und pragmatisch möglich.

Warum mehr tun als gesetzlich vorgeschrieben?
Das RPG sowie die kantonalen Bau- und Strassengesetze schreiben Mitwirkung der Bevölkerung vor, im Minimum muss informiert werden oder die Pläne sind öffentlich aufzulegen. Reicht das denn nicht aus? Unsere Antwort lautet: Manchmal ja, häufig aber eben nicht.
Formell mitwirken - etwa durch Verfassen einer schriftlichen Stellungnahme im Rahmen einer öffentlichen Planauflage – will und kann nur ein kleiner Teil der Be-völkerung. Eine Beschränkung auf die formelle Mitwirkung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es keinen echten Gestaltungsspielraum gibt oder das Geschäft für die Mehrheit der Bevölkerung von untergeordneter Bedeutung ist (etwa für eine Anpassung von Baulinien).
Ist die Öffentlichkeit (und insbesondere künftige Generationen) jedoch besonders betroffen von einer Planung, so macht es Sinn, die Bevölkerung aktiver und frühzeitig einzubeziehen. Solche informellen Mitwirkungsprozesse bieten sich zum Beispiel an für Planungen oder Projekte der strategischen Gemeindeentwicklung oder der Innenentwicklung (wie etwas Leitbilder, kommunale Richtplanung, Entwicklung grösserer Areale, Gestaltung öffentlicher Plätze o.ä.). Sie ermöglichen – anders als die formelle Mitwirkung – eine gemeinsame Lösungsfindung im Dialog.
Partizipation hat die Aufgabe, die Bedürfnisse abzuholen und wichtige Anliegen der Öffentlichkeit einfliessen zu lassen. Das Treffen abschliessender Entscheidungen bleibt Aufgabe demokratisch legitimierter Gremien. Beteiligungsprozesse sind damit Meinungsbildungs-, aber auch Sensibilisierungsprozesse, welche den Boden ebnen für politische Entscheidungen. Informelle und formelle Verfahren müssen sich gegenseitig ergänzen und erfordern eine gute Abgrenzung, was diese jeweils leisten sollen.

Partizipation kostet, lohnt sich aber langfristig allemal!
Richtig, partizipative Prozesse sind aufwändig und kosten mehr als formelle Verfah-ren. Sie können jedoch Fehlplanungen und unnötigen Zeitverlust verhindern. Scheitert zum Beispiel ein Vorhaben nach jahrelanger Planung spät an der Urne, so wünschen sich die Verantwortlichen nicht selten, sie hätten die Kosten für den früheren Einbezug der Bevölkerung nicht gescheut. Zudem machen die Kosten für die Beteiligung in aller Regel lediglich einen kleinen Bruchteil der (Bau-)Kosten für das eigentliche Vorhaben aus. Und vor allem sind die Lösungen besser abgestützt und treffen die Bedürfnisse der Bevölkerung besser. Das reicht eigentlich schon als Argument, oder?

Auf was ist zu achten?
Ziel und Zweck der Beteiligung muss vor Prozessbeginn geklärt sein. Besteht kein Spielraum, das Ergebnis zu beeinflussen, soll auf einen Beteiligungsprozess ver-zichtet werden. Die verantwortlichen Politiker und Behörden müssen vom Nutzen überzeugt sein und den Prozess in der Öffentlichkeit engagiert vertreten. Leadership braucht es nicht nur zu Beginn, sondern kontinuierlich über den ganzen Prozess. Dabei ist die Öffentlichkeit immer wieder über den Stand der Planung, ihre Rolle und Mitwirkungsmöglichkeiten sowie die Spielregeln zu informieren. Die Prozessmoderation muss politisch und fachlich neutral und unabhängig sein. Im Rahmen des Spielraums ist Ergebnisoffenheit zentral. Idealerweise können auch überraschende Ideen oder zufällig entstandene Lösungsvorschläge aufgenommen werden. Formate für die Beteiligung gibt es unzählige. Die geeignete Beteiligungsform muss in Abhängigkeit von Ziel und Kontext definiert werden – in jedem Fall müssen die gewählten Methoden Spass machen und die Lust an gemeinsamer Arbeit wecken. Von einer gemeinsamen Begehung, über Grossgruppen-Workshops bis hin zur online-Beteiligung ist alles möglich. Durch den Einbezug von betroffenen Laien wird das Fachwissen der zuständigen Planer ergänzt durch Alltagswissen der «Experten vor Ort» (welches erst noch gratis verfügbar ist). Eine gute Gesprächskultur mit Begegnung auf Augenhöhe ist zentral, Angst vor Differenzen ist ein schlechter Ratgeber.

Erfolgsfaktoren
— Betroffenheit der Akteure besteht
— Ziel(e) der Beteiligung sind geklärt
— Politisch Verantwortliche sehen Mehrwert, sind sichtbar und engagiert
— Kontinuität im Prozess wird gewährleistet
— Rollen sind klar, Prozessmoderatoren sind unabhängig und neutral
— Ergebnisoffenheit im Rahmen des Gestaltungsspielraum ist vorhanden, Zufälle
     haben Platz
— «Lustvolle» Formate garantieren Spass
— Begegnung auf Augenhöhe, alle Beteiligten sind Experten, alle Inputs werden ernst
     genommen
— Keine Angst vor Differenzen

 
 

EBP berät und unterstützt Gemeinden bei der Gestaltung von öffentlichen Beteili-gungsprozessen im Rahmen von Planungsverfahren. Wir gestalten Prozesse, mo-derieren Veranstaltungen und erstellen bei Bedarf alle nötigen Kommunikations-produkte für die verschiedenen Zielgruppen. Aus einem grossen Repertoire ver-schiedener Beteiligungsformen wählen wir gemeinsam die passende aus. Dabei kombinieren wir unsere langjährige Expertise im Leiten und Umsetzen von Raum-, Verkehrs-, Energie- und Umweltprojekten mit fundierten Kompetenzen in Partizipation und Kommunikation. www.ebp.ch/de/thema/organisation-prozesse/beteiligungsprozesse

 
 
 
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