
Aktuelles aus Bundesbern
Vorschau auf die Wintersession 2025
Die letzte Session im Jahr 2025 findet vom 1. bis am 19. Dezember statt. Sie steht klar im Zeichen der Finanzpolitik: Das Parlament behandelt sowohl das Budget 2026 als auch – im Ständerat als Erstrat – das Entlastungspaket 27. Zwei gewichtige, eng miteinander verknüpfte Geschäfte, die direkte Auswirkungen auf die Gemeinden haben.
Der Schweizerische Gemeindeverband hat hierzu mehrere konkrete Forderungen formuliert, um zu verhindern, dass bestimmte Sparmassnahmen das finanzielle Gleichgewicht der Gemeinden gefährden. Dieses ist aufgrund kantonaler Sparmassnahmen bekanntlich bereits heute oftmals in Schieflage. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass langjährige, bewährte Bundesprogramme erhalten bleiben, deren Abbau die Erfüllung zentraler staatlicher Aufgaben sowie die nationale Kohäsion schwächen würden.
Neben den finanzpolitischen Geschäften behandelt das Parlament weitere wichtige Vorlagen: Fragen der Baukultur, die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!», den Umgang mit PFAS, sowie die Schlussberatungen zum Bundesgesetz über das Adressdienstgesetz.
Der SGV analysiert in dieser Sessionsvorschau elf Geschäfte aus kommunaler Perspektive.
Entflechtung bei ISOS sicherstellen
Die Motion Würth (25.3153) verlangt, dass der Bund künftig nur noch für Objekte von nationaler Bedeutung zuständig ist, während der Schutz der Baukultur sowie von Objekten von kantonaler und kommunaler Bedeutung ausschliesslich in die Verantwortung der Kantone fallen soll.
Nachdem der Ständerat die Motion im Juni mit grosser Mehrheit angenommen hatte, ist nun der Nationalrat am Zug. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) lehnt die Motion ab und hat stattdessen ein Kommissionspostulat (25.4401) verabschiedet. Dieses beauftragt den Bundesrat, das Potenzial und die Auswirkungen einer allfälligen neuen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich Denkmal-, Heimat- und Ortsbildschutz aufzuzeigen und zu evaluieren sowie den Bedarf einer Bereinigung des Verzeichnisses der Denkmäler und archäologischer Stätten von nationaler Bedeutung aufzuzeigen. Aus Sicht der Kommission ist es notwendig, die Grundlagen zu vertiefen und offene Fragen zu klären. Sie hat die Motion Würth daher mit 15 zu 10 Stimmen abgelehnt.
Das Geschäft kommt zum Sessionsauftakt am Montag, 1. Dezember in den Nationalrat.
Position SGV: Der SGV hat sich anlässlich der Anhörung vor der WBK-N für die Motion Würth ausgesprochen. Die Frage des kommunalen Handlungsspielraums in der Raum- und Siedlungsentwicklung ist für die Gemeinden zentral. Es geht dabei nicht darum, das ISOS oder den Denkmalschutz als solchen infrage zu stellen, sondern der problematischen Ausweitung des Bundesinventars – insbesondere im Rahmen von Fällen direkter Anwendbarkeit – entgegenzuwirken.
Der SGV unterstützt sowohl die Arbeiten des Runden Tisches als auch jene zur Entflechtung der Aufgaben zwischen den drei Staatsebenen, um pragmatische Lösungen für die zahlreichen Blockaden in der Praxis zu finden. Er erachtet es als sinnvoll, die Auswirkungen einer möglichen neuen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen in diesem Bereich vertieft zu analysieren, und unterstützt daher das Kommissionspostulat 25.4401. Zugleich fordert der SGV, dass die im Rahmen des Runden Tisches beschlossenen Massnahmen rasch umgesetzt werden.
PFAS: Rückwirkende Finanzierung von Sanierungen sicherstellen
Um Entschädigungen für PFAS-Sanierungen rückwirkend zu ermöglichen, muss Art. 65 des Umweltschutzgesetz (USG) geändert werden (25.440). Die zuständige Kommission des Nationalrats UREK-N hat dieses Vorhaben im Oktober 2025 einstimmig genehmigt. So wird bei der Sanierung von Standorten, die durch PFAS-Löschschäumen verunreinigt worden sind, während einer Übergangsfrist von zwei Jahren die finanzielle Unterstützung aus dem VASA-Altlasten-Fonds rückwirkend ermöglicht. Damit profitieren Kantone und Gemeinden, die bereits Sanierungsmassnahmen ergriffen oder abgeschlossen haben, von Entschädigungen.
Der Nationalrat befasst sich in der letzten Sessionswoche am 18. Dezember mit der Vorlage.
Position SGV: Der SGV begrüsst diesen Änderungsvorschlag, der notwendig ist, um Gemeinden bei ihren Aufgaben zur Altlastensanierung zu unterstützen.
Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» schadet der Schweiz
Die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» zielt darauf ab, die Wohnbevölkerung der Schweiz bis 2050 auf unter zehn Millionen zu begrenzen (25.026). Sollte die Neuneinhalb-Millionen-Grenze vor 2050 überschritten werden, müssen der Bundesrat und die Bundesversammlung Massnahmen ergreifen (Aussetzung von Aufenthaltsbewilligungen und Einbürgerungen, Neuverhandlung internationaler Übereinkommen, usw.). Reichen diese Massnahmen nicht aus, muss der Bund internationale Verträge kündigen, insbesondere das Freizügigkeitsabkommen mit der EU (FZA).
In der Herbstsession hat eine breite Mehrheit des Nationalrats gemäss dem Vorschlag des Bundesrats die Ablehnung der Initiative ohne Gegenentwurf empfohlen. Die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK-S) beantragt ebenfalls Ihrem Rat, die Initiative ohne Gegenentwurf abzulehnen.
Der Ständerat befasst sich am 15. Dezember mit der Vorlage.
Position SGV: Der SGV teilt die Einschätzungen von Bundesrat, Kantonen und anderen Parteien: Eine Annahme der Initiative hätte massive negative Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft und das Ende der bilateralen Abkommen, sprich der Personenfreizügigkeit, mit der EU zur Folge.
Die Schweiz – genau wie ihre Gemeinden – ist auf die Zuwanderung von Arbeitskräften angewiesen. Wir haben heute mehr Arbeitskräfte, die in Pension gehen, als junge Menschen, die ins Berufsleben einsteigen. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verstärken. Die Gemeinden sind auf die Personenfreizügigkeit mit der EU angewiesen, um die dringend benötigten Arbeitskräfte zu rekrutieren, wenn diese in der Schweiz nicht gefunden werden können. Gleichzeitig sind die Sorgen in Teilen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Der SGV unterstützt einen konsequenten Schutz des Asylsystems vor Missbrauch, eine bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials, die Schaffung von mehr Wohnraum für die Bevölkerung und die Umsetzung von Massnahmen zur Behebung von Engpässen im Infrastrukturbereich. Eine Begrenzung auf 10 Millionen Einwohner löst diese Probleme jedoch nicht. Stattdessen unterstützt der SGV die vom Bundesrat beschlossenen Begleitmassnahmen bei der Zuwanderung in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wohnungswesen sowie im Asylbereich (siehe Medienmitteilung vom 29.01.25).
Beschleunigung des Aus- und Umbaus der Stromnetze
Um die Bewilligungsverfahren für den Aus- und Umbau der Stromnetze weiter beschleunigen zu können, hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 21. Mai 2025 die Revision des Elektrizitätsgesetzes (25.057) verabschiedet. Die Gründe liegen einerseits darin, dass ein Grossteil der Höchstspannungsleitungen ihre Lebensdauer erreicht hat und ersetzt werden muss. Andererseits soll das Übertragungsnetz im Hinblick auf die angestrebte Dekarbonisierung für die Zukunft fit gemacht werden.
Um die damit einhergehende wachsende Zahl an Leitungsprojekten und Bewilligungsverfahren bewältigen zu können, sieht die Revision verschiedene Neuregelungen vor. So sollen Sachplanverfahren für bisherige Trassees und unmittelbar angrenzende Trassees wegfallen, die Realisierung von Übertragungsnetzen neu Vorrang vor anderen nationalen Interessen geniessen und der Bau von Trafostationen vereinfacht werden. Bei bundesinternen Differenzen in Plangenehmigungsverfahren kann die Leitbehörde zudem zukünftig schneller Entscheide treffen. Und schliesslich sollen raumplanerische Aspekte früher in der Planungsphase berücksichtigt und so die Koordination der Netzplanung verbessert werden.
Die UREK-N hat die Vorlage in ihrer Sitzung vom 11.11. 2025 einstimmig angenommen und mit verschiedenen Anträgen ergänzt und verschärft. So soll beispielsweise auch beim Bau von Höchstspannungsleitungen entlang von Nationalstrassen und Eisenbahnlinien auf ein Sachplanverfahren verzichtet werden oder auf die Bereinigungsverfahren zwischen Bund und Kantonen verzichtet werden (zu den detaillierten Anträgen s. Medienmitteilung UREK-N).
Der Nationalrat befasst sich in der letzten Sessionswoche am 17. Dezember mit der Vorlage.
Position SGV: Der SGV begrüsst grundsätzlich, dass der Aus- und Umbau der Stromnetze beschleunigt werden soll. Denn die Netzstabilität muss auch in Zukunft gewährleistet werden können – insbesondere auch im Hinblick auf die zunehmende Einspeisung von erneuerbaren Energien.
Mit der Neuregelung entfallen die Sachplanverfahren nicht nur auf den bestehenden Trassees, sondern auch unmittelbar daneben. Zudem braucht es für den Bau von Trafostationen ausserhalb der Bauzonen keine Standortevaluation mehr. Der SGV fordert deshalb, dass Sanierungs- und Ersatzprojekte im Übertragungsnetz mit Augenmass zu realisieren sind und betroffene Gemeinden frühzeitig in die Netzplanung miteinbezogen werden.
Dass raumplanerische Aspekte bereits in der Planungsphase berücksichtigt und mit den betroffenen Ämtern abgestimmt werden, begrüsst der SGV. Auch hier ist der rechtzeitige Einbezug der kommunalen Planungsbehörden wichtig, um eine effiziente Koordination auf allen Ebenen zu gewährleisten.
Der SGV weist zudem darauf hin, dass bei der Interessenabwägung zwischen einer sicheren Energieversorgung sowie den Schutz- und Raumplanungsinteressen Umweltaspekte auch zukünftig genügend stark gewichtet werden müssen.
Änderung SchKG: Mit neuen Verfahren der Überschuldung entgegenwirken
Überschuldete Personen sollen mit einfacheren Verfahren rascher eine zweite Chance auf ein schuldenfreies Leben bekommen. Die Vorlage des Bundesrats (25.019) sieht zum einen ein vereinfachtes Nachlassverfahren für überschuldete Personen mit einem regelmässigen Einkommen sowie zum andern ein Sanierungsverfahren im Konkurs für Personen ohne Rückzahlungsmöglichkeiten mit anschliessender Restschuldbefreiung vor. Um Missbräuche und übermässige Verluste für die Gläubiger zu verhindern, sollen verschiedene Sicherheitsschranken eingeführt werden (z.B. eine zeitliche Sperrfrist für ein neues Verfahren nach durchgeführtem Sanierungskonkurs).
Die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen RK-N hat zum Auftakt ihrer Beratungen im April 2025 Anhörungen durchgeführt. Die Detailberatung nahm die Kommission im Juli und August auf und bekräftigte grundsätzlich, dass sie Handlungsbedarf im Bereich der Überschuldung von natürlichen Personen sehe. Sie beantragte ihrem Rat keine Änderungen zum bundesrätlichen Vorschlag zur Einführung eines vereinfachten Nachlassverfahrens, kritisierte aber etliche Aspekte betreffend die Einführung des Verfahrens zum Sanierungskonkurs. Das Geschäft wurde schliesslich auf die Wintersession verschoben, die Vorberatung in der RKS-S fand am 17. November statt. Somit war die Vorlage mittlerweile in der Kommission beider Räte, wird aber am 16. Dezember zum ersten Mal im Nationalrat behandelt.
Position SGV: Der SGV unterstützt die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (siehe auch Stellungnahme) grundsätzlich. Nach geltendem Schweizer Recht, das keine Restschuldbefreiung kennt, haben viele hochverschuldete Personen keine reellen Aussichten auf ein schuldenfreies Leben mehr. Sie haben nur das vom Betreibungsamt errechnete Existenzminimum. Überschuldung führt zu Armut und sozialer Ausgrenzung, was sich nicht nur auf die Betroffenen selbst, sondern auch auf die kommunale Sozialhilfe negativ auswirkt. Die zwei neu vorgesehen Verfahren zur finanziellen Sanierung natürlicher Personen haben sowohl positive Auswirkungen auf die Lebenssituation und Gesundheit der Betroffenen selbst als auch auf die Volkswirtschaft und die öffentliche Hand (etwa geringere Sozialhilfekosten für die kommunale Ebene).
Der SGV ersucht den Nationalrat daher, der bundesrätlichen Vorlage zu folgen. Es wäre für den SGV auch vorstellbar, statt einer zeitlichen Sperrfrist für ein neues Verfahren nach einem bereits durchgeführten Sanierungsverfahren, den Zugang zum Sanierungsverfahren auf eine einmalige Durchführung zu beschränken. Eine vollständige Streichung des Sanierungsverfahrens aus der Vorlage kann der SGV aufgrund der obigen Ausführungen und der Wichtigkeit der Restschulbefreiung nicht unterstützen. Die Frist zur Abschöpfung der Einkünfte im Falle eines Sanierungskonkurses ist entweder bei den vom Bundesrat vorgesehenen 3 Jahren zu belassen oder auf 2 Jahre zu verkürzen. Der Grossteil der verschuldeten Personen lebt bereits seit Jahren mit einer Lohnpfändung und somit am Existenzminimum. Ein Abschöpfungsverfahren, dass über 3 Jahre hinausgeht, würde zu vielen Abbrüchen des Sanierungsverfahrens führen, was nicht nachhaltig ist.
Regionale Medien verstärkt fördern
Die Stimmberechtigten haben am 13. Februar 2022 ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien abgelehnt. Zwei wenig bestrittene Teile wurden wieder in die Räte gebracht: Die parlamentarische Initiative Chassot (22.417) will mit maximal einem Prozent des Ertrags der Medienabgabe verschiedene Fördermassnahmen unterstützen. Ursprünglich in erster Linie für die elektronischen Medien gedacht, hat der Ständerat diese Beschränkung aufgehoben. Die parlamentarische Initiative Bauer (22.407) verlangt, dass der Anteil der Medienabgabe, welcher gemäss RTVG für regionale Radio- und Fernsehsender verwendet wird, von 4-6 Prozent auf 6-8 Prozent steigen soll.
Beide Vorstösse wurden vom Ständerat in der Sommersession und vom Nationalrat in der Wintersession gutgeheissen. In der Wintersession werden nun die noch verbliebenden Differenzen behandelt. Bei der parlamentarischen Initiative Chassot will der Nationalrat den Anteil der anrechenbaren Kosten, den die Förderbeiträge decken dürfen, bei 50% deckeln, während sich der Ständerat für 80% ausgesprochen hat. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) beantragt ihrem Rat nun mit 7 zu 4 Stimmen, hier dem Nationalrat zu folgen. Bei der parlamentarischen Initiative Bauer verbleiben drei Differenzen. Eine betrifft die automatische inflationsbereinigte Erhöhung der Beiträge im Vergleich zur jeweils letzten Konzessionsperiode. Der Ständerat hat sich für eine solche ausgesprochen, der Nationalrat dagegen. Die KVF-S sprach sich nun mit 7 zu 4 Stimmen dafür aus, hier dem Nationalrat zu folgen.
Der Ständerat beugt sich am 01. Dezember über die Vorlage. Falls noch Differenzen verbleiben, kommt das Geschäft am 03. Dezember auch noch in den Nationalrat.
Position SGV: Der SGV befürwortet die parlamentarische Initiativen Bauer und Chassot. Diese zielen darauf ab, den medialen Service public zu stärken und bilden zusammen mit der parlamentarischen Initiative Bulliard-Marbach (22.423), bei der sich die Räte in der Frühjahrsession auf einen Ausbau der indirekten Presseförderung geeinigt hatten, ein ausgewogenes Paket für die kurz- bis mittelfristige Förderung des gefährdeten medialen Service public.
Vor diesem Hintergrund spricht sich der SGV bei der parlamentarischen Initiative Chassot gegen eine Beschränkung der Förderung auf 50% der anrechenbaren Kosten aus. Es handelt sich dabei um den maximalen Satz im Rahmen einer Kann-Bestimmung. Der Bundesrat wird die Fördersätze der Notwendigkeit anpassen und sie nicht leichtfertig über 50% ansetzen. Eine ex-ante Beschränkung ist daher weder notwendig noch zielführend.
Ebenfalls spricht sich der SGV bei der parlamentarischen Initiative Bauer aufgrund der schwierigen Lage der regionalen und lokalen Medien für eine angemessene automatische inflationsbereinigte Erhöhung der Beiträge im Vergleich zur jeweils letzten Konzessionsperiode aus.
Keine weiteren Einschränkungen beim Adressdienst
Nach der knappen Annahme der Vorlage für einen nationalen Adressdienst im Nationalrat in der Herbstsession befasste sich die staatspolitische Kommission des Ständerats SPK-S im November noch mit zwei Differenzen (23.039). Sie beantragte die vom Nationalrat in Artikel 9 Absatz 1bis beantragte Abfrageeinschränkung zu streichen. Im Weiteren beantragte sie in Artikel 14 (Finanzierung) an der Position des Ständerats festzuhalten: Die vom Nationalrat geforderte Gebührenbefreiung der Gemeinden und Kantone geht ihr zu weit. Ferner hat sie zwei weitere Differenzen geschaffen. Zum einen geht es um eine redaktionelle Änderung, zum anderen beantragt sie in Artikel 10 eine Einschränkung des Zugangs zum NAD nur in Erfüllung von Bundesaufgaben. Die Schwesterkommission SPK-N lehnte am 13./14. November den Antrag auf Rückkommen allerdings ab.
Der Ständerat wird somit am 8. Dezember noch die beiden Änderungen in Artikel 9 und 14 debattieren, danach dürfte das Geschäft bereit sein für die Schlussabstimmungen.
Position SGV: Aus Sicht des SGV ist die Einführung eines nationalen Adressdienstes ein wichtiger Schritt hin zur Digitalisierung der Abläufe in den Verwaltungseinheiten über die Kantonsgrenzen hinweg. Der Aufwand für die Adress- und Wohnsitzrecherche könnte deutlich reduziert, der schweizweite Abgleich von Adressdaten vereinfacht und die Geschäftsprozesse der öffentlichen Hand effizienter wahrgenommen werden - dies auch im Sinne einer Dienstleistung zuhanden der Bevölkerung. Gleichzeitig verbliebe die Datenhoheit wie bisher bei den Einwohnerdiensten der Gemeinden und Kantone. Auch die Mehrheit der Kantone steht hinter dem nationalen Adressdienst. Aus Sicht des SGV ist entscheidend, dass ein Nationaler Adressdienst jetzt zeitnah eingeführt werden kann und alle Behörden – des Bundes, der Kantone und der Gemeinden – sowie Dritte mit gesetzlichem Auftrag Zugang erhalten, um die gemeldeten Wohnadressen natürlicher Personen abfragen zu können. Private sind von der Nutzung ausgeschlossen.
Die vom Nationalrat beantragte Abfrageeinschränkung in Artikel 9 Absatz 1bis läuft dem Zweck des Adressdienstgesetzes wonach ein Zugriff für Aufgaben mit gesetzlichem Auftrag stets möglich sein soll, zuwider. Eine Einschränkung ist unnötig, da der NAD keine schützenswerten Personendaten enthält und führt zu teuren Parallelinfrastrukturen. Mit einer einzelnen Anlaufstelle zur Abfrage von Adressdaten insbesondere auch für die Krankenkassen als Haupt-Datenbezüger hingegen kann deren Aufwand und deren Betriebskosten im Adressauskunftsprozess massiv reduziert werden.
Die geplante Einschränkung ist zudem unpräzise, da auch Personen, die eine solche Abfrageeinschränkung gar nicht beantragt haben, betroffen wären. Der SGV ersucht den Ständerat entsprechend dem Antrag seiner Kommission diesen in Artikel 9 eingeführten Absatz 1bis zu streichen. Hingegen legt der SGV nochmals die Notwendigkeit dar, die für die Führung der Einwohnerdienste zuständigen öffentlichen Körperschaften (Gemeinden oder kantonale Stellen in Vertretung der Gemeinden) von der Gebührenpflicht zu befreien. Andernfalls ist zu befürchten, dass der NAD nicht zum Fliegen kommt bzw. nicht genutzt wird. Es liegt insbesondere auch im Interesse des Bundes, einen NAD zu haben. Deshalb ist auf Bundesebene gemeinsam mit den Kantonen eine langfristige Lösung zur Finanzierung des NAD sicherstellen, wie das bei anderen e-Gov-Projekten dieser Dimension auch der Fall ist. Es braucht eine Finanzierung, die nicht (alleine) auf Gebühren abstellt.
Erdbebenschäden: Solidarische Lösung auf nationaler Ebene notwendig
Mit der Vorlage (24.095) erfüllt der Bundesrat die Forderung der Motion 20.4329, in der Schweiz die finanzielle Vorsorge von Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern im Fall eines Erdbebens zu stärken und die notwendigen Rechtsgrundlagen dafür zu schaffen. Dafür ist eine Änderung der Bundesverfassung notwendig. Der Bundesratsvorschlag umfasst eine Eventualverpflichtung für die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer auf Stufe Verfassung. Diese sollen bei Eintritt eines Erdbebens einen Beitrag von maximal 0.7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme zur Deckung von Gebäudeschäden entrichten. Auch skizzierte er eine mögliche Umsetzungsvariante auf Gesetzesstufe. Die UREK-S hat sich mit hauchdünnem Mehr von 7 zu 6 Stimmen dafür ausgesprochen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Vorlage kommt am 16. Dezember in den Ständerat.
Position SGV: Die Schweiz ist ein Erdbebenland. Auch hierzulande ist etwa alle 50-100 Jahre mit einem Beben der Magnitude 6 auf der Richterskala zu rechnen, welches massive Schäden mit sich bringen würde. Es braucht daher eine umfassende Finanzierungslösung. Dies ist heute nicht gegeben: in der Schweiz sind nur rund 15 % aller Gebäude gegen Schäden durch Erdbeben versichert. Insbesondere bei grossen Beben mit Schäden im Milliardenbereich ist eine Eventualverpflichtung der Gebäudeeigentümer dabei deutlich effizienter und kostengünstiger als eine Versicherungslösung. Der administrative Aufwand einer jährlichen Erhebung steht in einem schlechten Verhältnis zur Eintretenswahrscheinlichkeit. Hinzu kommen die Kapitalkosten: Die (Rück-)Versicherer haben Renditeanforderungen, die teilweise im zweistelligen Prozentbereich liegen.
Die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer hingegen können sich über Hypotheken sehr viel günstiger refinanzieren. Berechnungen zufolge betragen die Kosten einer Versicherungslösung für einen Zeitraum von 50 Jahren etwa das Fünffache der Kosten einer Eventualverpflichtung. Zudem sorgt die Eventualverpflichtung dafür, dass die Belastung im Ereignisfall auf mehrere Schultern verteilt wird. Bei einem Erdbeben tragen die Versicherer für Ertragsausfälle (v.a. Mieten) sowie die Fahrhabe bereits bedeutende Lasten. Der Staat wiederum ist bei der Wiederherstellung der Infrastruktur sowie bei der direkten Ereignisbewältigung stark gefordert.
Geklärt werden muss in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung der Wiederherstellung der staatlichen Infrastruktur. Die betroffenen Kantone und Gemeinden könnten einen raschen Wiederaufbau unmöglich aus eigenen Mitteln finanzieren. Deshalb ist eine solidarische, gesamtschweizerische Lösung notwendig. Dies gilt sinngemäss auch für andere Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Felsstürze oder Ähnliches, welche für einzelne Gemeinden eine existenzielle Bedrohung darstellen können, wie mehrere Ereignisse in jüngster Zeit gezeigt haben.
Der SGV ist offen für eine Kompromisslösung. Eine solche könnte beispielsweise darin bestehen, dass der Bund die Hälfte der Kosten übernimmt. Er kann sich günstiger (und auch schneller) refinanzieren als Versicherungen, Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer sowie die beiden anderen Staatsebenen.
Voranschlag 2026: Mit der Einlage in den NRP-Fonds die Entwicklung in Randregionen sicherstellen
Mit dem Voranschlag 2026 (25.041) sowie dem dazugehörigen, nicht verbindlichen Aufgaben- und Finanzplan 2027-2029 werden die finanzpolitischen Weichen für die nächsten Jahre gestellt. Der Voranschlag umfasst für das nächste Jahr Ausgaben von knapp 90 Mrd. CHF. Der verbleibende finanzpolitische Spielraum beträgt im bundesrätlichen Vorschlag gemäss der Mechanik der Schuldenbremse noch 108 Mio. CHF.
Ebenfalls in die Räte kommt der Nachtrag II (25.042) für das laufende Jahr in der Höhe von insgesamt 106 Mio. CHF. Neben zusätzlichen Geldern für eine ergänzende Winterreserven sowie für die Aufgaben der Schweiz als Gastland internationaler Organisationen ist auch eine Aufstockung des Kredits für Jugend und Sport um 20 Mio. CHF vorgesehen. Damit soll vermieden werden, dass die Beiträge gesenkt werden müssen. Im Voranschlag 2026 ist eine Erhöhung um 28 Mio. CHF vorgesehen.
Die Beratungen zum Voranschlag werden am 2. Dezember im Ständerat beginnen und sich gemäss Planung über mehrere Termine in beiden Räten hinziehen.
Position SGV: Der SGV spricht sich dafür aus, 2026 mindestens eine halbe Einlage (rund 12.7 Mio. CHF) in den Fonds für Regionalentwicklung zu tätigen. Dies ist im bundesrätlichen Voranschlag so eingestellt und entspricht bereits einer weiteren Kürzung. Das Fondsvermögen ist seit Inkrafttreten der neuen Regionalpolitik im Jahr 2008 stetig geschrumpft – u.a. aufgrund diverser bisheriger Kürzungen - und wird voraussichtlich weiter sinken. Letztes Jahr wurde gar nur eine Einlage von 6 Mio. CHF gemacht.
Dabei ist gemäss Art. 21, Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Regionalpolitik eine längerfristige Werterhaltung des Fonds anzustreben. Die wiederkehrenden Kürzungen bei den Fondseinlagen widersprechen damit nicht nur einer nachhaltigen Finanzpolitik, sondern auch dem Gesetz. Der SGV ersucht das Parlament, die notwendigen Einlagen in den NRP-Fonds zu machen, um die wirtschaftliche Entwicklung in den Randregionen nicht zu gefährden. Die Neue Regionalpolitik zielt mit dem Fonds darauf ab, die Wertschöpfung in den Regionen zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Regionen und Berggebiete zu verbessern.
Der Fonds hat sich bewährt: Jeder Bundesfranken löst das Fünffache an Investitionen in den Berggebieten und den ländlichen Regionen aus. Von 2016 bis 2020 konnten mit den Bundesbeiträgen von 391 Mio. CHF Investitionen von 2.2 Mrd. CHF ausgelöst werden. Mit verhältnismässig wenig Geld können hier viele sinnvolle Projekte initiiert werden. Die geplante, im Vergleich zur normalerweise vorgesehenen halbierten Einlage ist dabei das Mindeste.
Der SGV unterstützt hingegen die vom Bundesrat vorgesehene Erhöhung der Gelder für Jugend und Sport. Die Zahl der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen an den Angeboten von J+S wächst seit Jahren stetig an, was erfreulich ist. Bei gleichbleibendem Budget würde dies aber dazu führen, dass die Beiträge pro Aktivität gekürzt werden müssen. Dies darf nicht passieren. Das Ziel der vom Bundesrat geplanten Erhöhung ist lediglich, diese Beiträge nicht kürzen zu müssen. Dies ist das Mindeste angesichts der grossen Bedeutung und der positiven Effekte der Sport- und Bewegungsförderung.
Entlastungspaket 27: Zurück auf Start
Gemäss Finanzplan sind ab 2027 Defizite von bis zu drei Milliarden Franken zu erwarten. Treiber sind insbesondere steigende Ausgaben für die Armee, die Altersvorsorge und die Prämienverbilligungen. Mit dem Entlastungspaket 27 (25.063) will der Bund seine Finanzen stabilisieren. Insgesamt schlägt er 57 Massnahmen vor, wovon 23 ohne Gesetzesanpassung möglich sind und für 2029 ein Sparvolumen von mehr als drei Milliarden Franken umfassen. Die Massnahmen betreffen verschiedenste Ausgabenbereiche und betreffen die Gemeinden in unterschiedlichem Ausmass.
Der Ständerat wird sich am 17. und evtl. am 18. Dezember mit dem Geschäft befassen.
Position SGV: Der SGV anerkennt den Handlungsbedarf im Bundeshaushalt. Dennoch hat er grundlegende Bedenken zur Vorgehensweise des Bundes und zum Umfang der geplanten Sparmassnahmen. Zum einen wurde die kommunale Ebene zu keiner Zeit in die Ausgestaltung des Entlastungspakets einbezogen. Es ist unabdingbar, dass hier ein Dialog zwischen den drei Staatsebenen stattfindet. Dies gilt insbesondere für Massnahmen, welche keiner Gesetzesänderung bedürfen und bei denen es kein anderes Korrektiv gibt. Gemäss Art. 50 Bundesverfassung muss der Bund bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen auf die Gemeinden berücksichtigen. In der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung RVOV ist in Art. 15 zudem festgelegt, dass der Bund die Gemeinden und Städte einbezieht, sofern sein Vorhaben wesentliche kommunale Interessen berührt. Dies ist beim vorliegenden Entlastungspaket zweifellos der Fall. Zum anderen kritisiert der SGV die mit dem Entlastungspaket 27 verbundenen Lastenverschiebungen hin zu Kantonen und Gemeinden, was mit massiven Mehrkosten für die anderen Staatsebenen einhergeht.
Der SGV lehnt die geplante Streichung der Förderbeiträge für die Mitgliedschafts- und Stiftungspresse von derzeit CHF 20 Mio. durch den Bundesrat ab. Die Mitgliedschaftspresse ist ein zentrales Kommunikationsinstrument für Verbände, Vereine und Stiftungen. Sie informiert, vernetzt und mobilisiert – und trägt wesentlich zur Meinungsbildung in der Zivilgesellschaft bei. So ermöglicht der SGV mit dem einzigen verbliebenen, mehrsprachigen Kommunalmagazin «Schweizer Gemeinde» eine Vernetzung der Gemeinden über die Sprachgrenzen hinweg. Die Gemeinden profitieren von konkreten Erfahrungsberichten und Praxisbeispielen anderer Gemeinden. Die Mitgliedschaftspresse hat daher gerade in einer Zeit, in der die Tagesmedien kommunalpolitische Themen kaum mehr beleuchten, eine besondere Bedeutung. Kurz: Die Mitgliedschaftspresse ist demokratiepolitisch bedeutend. Die Haltung zu weiteren Massnahmen kann aus der Stellungnahme des SGV im Rahmen der Vernehmlassung entnommen werden.
Der SGV fordert daher eine Rückweisung des Entlastungspakets 27 an den Bundesrat mit dem klaren Auftrag, die geplanten Massnahmen mit dem Projekt Entflechtung 27 zu koordinieren und auf dieser Basis einer Aufgabenteilung zusammen mit den Gemeinden und Kantonen ein neues, ausgewogenes Paket zur Sanierung des Bundeshaushaltes zu erarbeiten. Da dies eine Verlängerung des Prozesses bedeutet, soll das Paket allenfalls erst 2028 in Kraft treten und manche Ausgaben, beispielsweise in Zusammenhang mit Schutzsuchenden aus der Ukraine oder im Rüstungsbereich im Jahr 2027 als ausserordentlich verbucht werden, um die Schuldenbremse einzuhalten. Allenfalls müssen auch punktuelle Mehreinnahmen ins Auge gefasst werden, welche bereits 2027 greifen.
Bereinigte Differenzen: Betreuungszulage auf der Zielgeraden
Die WBK-N hat sich am 23. Oktober zum dritten Mal mit der Vorlage für eine langfristige Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung (21.403) beschäftigt. Die Kommissionsmehrheit sprach sich bei den verbleibenden Differenzen im indirekten Gegenvorschlag zur Kita-Initiative (24.058) dafür aus, den Anträgen des Ständerates zu folgen. Sie erachtet den Gegenvorschlag angesichts der Finanzlage des Bundes als zweckmässigste Antwort auf die Volksinitiative.
Die Kommission beantragt ihrem Rat, dem Ständerat zu folgen und die Programmvereinbarungen zur Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung und zur Schaffung von Betreuungsplätzen für Kinder mit Behinderungen zu unterstützen. Für diesen Bereich sollen Bundesmittel in Höhe von 100 Millionen Franken über vier Jahre gesprochen werden. Im Weiteren befürwortet sie ohne Gegenstimme den Beschluss des Ständerates, die Erwerbstätigkeit des zweitanspruchsberechtigten Elternteils und die Betreuung des Kindes in einer Einrichtung, die ihre Leistungen in einer Landessprache erbringt, als Voraussetzungen für den Erhalt einer Betreuungszulage festzulegen.
Es gibt weiterhin verschiedene Minderheitsanträge betreffend die Förderbereiche zur Verbesserung der Qualität der institutionellen Betreuungsangebote, der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Frühen Förderung sowie der damit zusammenhängenden Finanzierung.
Der Ständerat wird sich am 15. Dezember mit dem Geschäft befassen und der Nationalrat am 9. Dezember.
Position SGV: Der SGV nimmt erfreut zur Kenntnis, dass sich die eidgenössischen Räte einer mehrheitsfähigen Lösung annähern. Er begrüsst insbesondere, dass das Parlament sich für die Programmvereinbarungen ausspricht und den Bund bei der Betreuungszulage in die Pflicht nehmen möchte. Er verweist hingegen auf die Notwendigkeit, die zentralen Förderbereiche Qualität und Vereinbarkeit in der Vorlage zu belassen, um eine effektive Inanspruchnahme der familienergänzenden Kinderbetreuung zu gewährleisten.
Auch die Wichtigkeit der Frühen Förderung hat der SGV stets betont. Daher beantragt der SGV in diesen Bereichen dem Nationalrat, den entsprechenden Minderheiten zu folgen. Die Knüpfung der Betreuungszulage an die Erwerbstätigkeit lehnt der SGV ab, da dies in der Praxis nicht zielführend überprüft werden kann. Des Weiteren spricht sich der SGV dafür aus, dem Minderheitsantrag zu folgen, der unter gewissen Umständen eine drei Mal so hohe Betreuungszulage für Kinder mit Behinderungen vorsieht. Dieser Antrag bildet die komplexen Lebensrealitäten von Familien mit Kindern mit Behinderungen besser ab.